Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Tag: Rücknahme

  • Steuerstrafverfahren durch wechselseitige Rücknahme der Berufung beendet

    Meinem Mandanten wurde vorgeworfen, in den Jahren 2012, 2013 und 2015 Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer in Höhe von insgesamt ca. 220.000 € verkürzt zu haben. Mein Mandant habe unter dem Namen seines Vaters ein Unternehmen betrieben und keine bzw. verspätete Steuererklärungen abgegeben.

    Teilfreispruch vor dem Amtsgericht

    Hinsichtlich 2015 räumte mein Mandant den Tatvorwurf dem Grunde nach ein. Sein Vater sei krank geworden und er habe dessen Unternehmen in 2015 faktisch weitergeführt. Den Tatvorwurf betreffend die Jahre 2012 und 2013 bestritt mein Mandant jedoch. In diesen Jahren sei sein Vater der Unternehmer gewesen.

    Vor dem Amtsgericht Leipzig gab es im April 2023 einen (Teil-)Freispruch hinsichtlich der Jahre 2012 und 2013, hinsichtlich 2015 erfolgte eine Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Zusätzlich sollte mein Mandant 7.000 € an die Staatskasse entrichten (Bewährungsauflage).

    Berufung und Erörterungstermin

    Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch ich für meinen Mandanten legten Berufung ein. Der Vorsitzende am nunmehr zuständigen Landgericht Leipzig setzte kürzlich einen Erörterungstermin an. Nach seiner (vorläufigen) Auffassung sei der Freispruch vom Strafrichter gut begründet worden, möglicherweise werde er in der Berufung gehalten. Hinsichtlich der Verurteilung sei ggf. nicht mit einer wesentlichen Verbesserung gegenüber dem amtsgerichtlichen Urteil zu rechnen.

    In dem Erörterungstermin verständigten sich Staatsanwaltschaft und ich darauf, jeweils die Berufung zurückzunehmen, was auch geschah. Damit ist das Urteil des Amtsgerichts rechtskräftig. Mein Mandant kann damit leben.

  • Finanzgerichtsverfahren: Rücknahme oder Erledigungserklärung bei Abhilfe des Finanzamtes?

    Nicht selten kommt es vor, dass das Finanzamt im laufenden Finanzgerichtsverfahren abhilft.

    Teilweise Abhilfe des Finanzamtes im AdV-Verfahren

    Aktueller Beispielsfall: Für eine Mandantin beantragte ich beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung (AdV) von Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheiden. Nachdem ich den AdV-Antrag begründete, gewährte das Finanzamt von sich aus die AdV der Einkommensteuerbescheide.

    Daraufhin erhielt ich folgende Aufforderung vom Finanzgericht:

    „Teilen Sie bitte mit, ob Sie den Aussetzungsantrag bzgl. der Einkommensteuer … aufrechterhalten oder ggf. zurücknehmen.“

    Antragsrücknahme: Kosten- und Haftungsfalle

    Beides ist eine böse (Kosten-)Falle: Hält man den Antrag vollumfänglich aufrecht, besteht aufgrund der teilweisen Abhilfe des Finanzamtes kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine AdV der Einkommensteuerbescheide. Der Antrag wäre insoweit unzulässig und müsste in diesem Punkt kostenpflichtig abgewiesen werden (§ 135 Abs. 1 FGO).

    Erklärt man die Rücknahme des Antrags (bezogen auf die Einkommensteuer), trägt der Antragsteller (= meine Mandantin) gemäß § 136 Abs. 2 FGO zwingend die Kosten des Verfahrens. Eine andere Kostenentscheidung ist nicht möglich.

    Richtigerweise ist hier der Rechtsstreit in der Hauptsache (teilweise, nur bezogen auf die Einkommensteuer) für erledigt zu erklären. In diesem Fall muss das Gericht prüfen, wer den Rechtsstreit voraussichtlich verloren hätte. Diesem sind dann die Kosten aufzuerlegen. Im Fall einer Abhilfe – wie in meinem Beispielsfall – sind grundsätzlich dem Finanzamt die Kosten aufzuerlegen (§ 138 Abs. 1, Abs. 2 FGO).

    Praxis-Tipp

    Vorsicht also vor einer unüberlegten Rücknahme eines AdV-Antrags oder einer Klage, wenn stattdessen eine Erledigungserklärung in Betracht kommt. Anderenfalls schneidet man der Mandantschaft einen Kostenerstattungsanspruch ab.

    Auch bei einer Kostenentscheidung gemäß § 138 Abs. 2 FGO darf berücksichtigt werden, dass Tatsachen oder Beweismittel verspätet vorgetragen wurden (§ 138 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 137 FGO).

    Im geschilderten Fall ist fraglich, ob das Finanzgericht mich bewusst „ins offene Messer laufen lassen“ wollte oder die Aufforderung zur Rücknahme einfach nur „schlampig“ formuliert war.
  • Finanzgerichtsverfahren: Klagerücknahme kann sinnvoll sein

    Manchmal ergibt sich erst nach Akteneinsicht beim Finanzgericht, dass eine Klage voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben wird. In einem solchen Fall sollte man nicht unbedingt die Entscheidung des Gerichts „aussitzen.“ Stattdessen kann es empfehlenswert sein, die Klage zurück zu nehmen.

    ► Praxis-Tipp

    Im Fall der Klagerücknahme trägt man als Kläger zwar die Gerichtskosten. Allerdings reduzieren sich diese Kosten auf die Hälfte.

     

  • Gesellschafter-Nachhaftung: Finanzamt hebt Haftungsbescheid auf

    An anderer Stelle berichtete ich über ein Verfahren vor dem Sächsischen Finanzgericht zur Gesellschafter-Nachhaftung bei Beendigung einer zweigliedrigen GbR. Auf Grundlage des Finanzgerichts-Beschlusses hatte ich beim Finanzamt nachgefragt, ob nunmehr beabsichtigt sei, dem Einspruch gegen den Haftungsbescheid abzuhelfen und den Haftungsbescheid aufzuheben. Für den Fall, dass keine Abhilfe beabsichtigt sei, bat ich um zeitnahe Einspruchsentscheidung.

    Heute erhielt ich nun einen Bescheid über die Rücknahme des Haftungsbescheides. Damit ist auch das Hauptsacheverfahren (Einspruchsverfahren) erledigt. Dadurch sparte meine Mandantin letztendlich ca. 100.000 € abzüglich Beraterkosten ein.

    Fazit: Steuerstreit lohnt sich.

  • Einspruchsrücknahme verstößt nicht gegen Treu und Glauben

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die – für den Steuerpflichtigen günstige – Rücknahme eines Einspruchs nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße und vom Finanzamt nicht als eine illoyale Rechtsausübung angegriffen werden könne. Das Institut von Treu und Glauben habe nicht die Funktion, verfahrensmäßige Fehler des Finanzamtes aufzufangen.

    @ BFH, Urteil vom 05.11.2009, IV R 40/07

    Fundstelle(n): BStBl II 2010, 720

    Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht

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