Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Tag: Insolvenzverwalter

  • Finanzamt hebt Haftungsbescheid gegen Insolvenzverwalter wegen Steuerhinterziehung auf

    Im Oktober 2021 berichtete ich von einem Rechtsstreit vor dem Thüringer Finanzgericht. Dort ging es um einen Haftungsbescheid gegenüber einem Insolvenzverwalter. Das Finanzamt warf ihm vor, für den Insolvenzschuldner vorsätzlich keine Feststellungs- und Einkommensteuererklärung abgegeben zu haben, wodurch ein Steuerschaden entstanden sei. Gestützt wurde die Haftung auf § 71 AO (Steuerhinterzieher-Haftung).

    In der Sache fand zunächst auf meine Anregung hin ein Erörterungstermin statt, in dem jedoch noch kein Verfahrensabschluss erreicht werden konnte. Dazu kam es jedoch jetzt in der regulären mündlichen Verhandlung. Aus Sicht des Vorsitzenden war insbesondere die Frage des Vorsatzes offen. Das Finanzamt trage insoweit die Feststellungslast. Im Haftungsbescheid und in der Einspruchsentscheidung stehe hierzu nicht viel. Eventuell hätten daher noch weitere Beweise erhoben werden müssen.

    Vor diesem Hintergrund wurde in der mündlichen Verhandlung eine Verständigung getroffen: Das Finanzamt war bereit, den Haftungsbescheid von sich aus aufzuheben. Ich setzte mich zudem damit durch, dass die Kosten des Verfahrens vom Finanzamt und vom Kläger jeweils zur Hälfte getragen werden. Auf diese Weise wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt.

    Praxis-Tipp

    Hilft das Finanzamt (erst) im Finanzgerichtsverfahren ab (hier: Aufhebung des Haftungsbescheides), muss es normalerweise die Kosten des Verfahrens (Beraterkosten für das Einspruchs- und Klageverfahren) allein tragen.

    Im vorliegenden Fall hing die Abhilfe jedoch auch davon ab, dass man sich bei den Kosten verständigt. Da das Finanzamt von den Gerichtskosten befreit ist, wollte es gern folgende Kostenentscheidung: Das Finanzamt trägt die Gerichtskosten, der Kläger trägt seine außergerichtlichen Kosten (Beraterkosten) selbst. Das Finanzamt hätte also im Ergebnis überhaupt keine Kosten zu tragen, der Kläger dagegen bleibt auf seinen gesamten Beraterkosten sitzen. Es gibt Fälle, in denen eine solche Kostenentscheidung angemessen ist. Im vorliegenden Fall beharrte ich jedoch darauf, dass sich das Finanzamt zumindest zur Hälfte an den Beraterkosten des Mandanten beteiligt.

  • Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht: Zwischen GmbH und Geschäftsführer unterscheiden

    Entbindet der Insolvenzverwalter den (ehemaligen) Steuerberater einer GmbH von seiner beruflichen Verschwiegenheitspflicht, so wirkt diese Entbindung nicht zugleich auch für die formellen oder faktischen Geschäftsführer der GmbH, wenn diese ebenfalls Mandanten des Steuerberaters waren. Das entschied das OLG Zweibrücken (Beschluss vom 08.12.2016, Aktenzeichen: 1 Ws 334/16) auf die Beschwerde eines Steuerberaters.

    Der Steuerberater war in einem Steuerstrafverfahren gegen den formuellen und den faktischen Geschäftsführer einer GmbH als Zeuge geladen und durch den Insolvenzverwalter der GmbH von seiner beruflichen Verschwiegenheitspflicht entbunden worden. Eine direkte Entbindung durch den formellen oder den faktischen Geschäftsführer lag jedoch nicht vor. Gleichwohl sollte der Steuerberater als Zeuge vernommen werden. Die Vorinstanz (LG) ordnete gegen den Steuerberater, der sich auf sein Auskunftsverweigerungsrecht berief, ein Ordnungsgeld und Erzwingungshaft an. Das LG war der Auffassung, dass die Entbindung durch den Insolvenzverwalter genüge. Zu Unrecht, wie das OLG entschied.

  • Rückforderung insolvenzrechtlich angefochtener Steuerzahlungen

    Kein seltenes Szenario: Der Insolvenzverwalter einer GmbH ist der Auffassung, dass die GmbH in anfechtbarer Weise (§§ 129ff. InsO) Steuern an das Finanzamt gezahlt hat und fordert diese vom Finanzamt gemäß § 143 InsO zurück. Das Finanzamt kehrt die Steuern zunächst auch an den Verwalter aus. Später revidiert es jedoch seine Auffassung, erlässt einen Abrechnungsbescheid und fordert den Insolvenzverwalter seinerseits zur Rückforderung auf. Doch diesem „kurzen Prozess“ erteilte der Bundesfinanzhof (BFH, Beschluss vom 27.09.2012, VII B 190/11) eine Abfuhr. (mehr …)