Scheinverträge zur Umgehung der Sozialversicherungspflicht – Auch ein steuer(straf)rechtliches Problem

In einem Musterverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg, 25.10.2021, Az. L 8 BA 3118/20 ging es um Scheinverträge, die ein „führender Hersteller von Betonprodukten“ mit rumänischen Staatsangehörigen abgeschlossen hatte, um – so das Landessozialgericht – die Sozialversicherungspflicht zu umgehen. Die Rumänen wurden als Selbstständige behandelt, was sie aber offensichtlich nicht waren. Da half es auch nicht, dass Gesellschaftsverträge (GbR-Verträge) aufgesetzt wurden, um der Sache einen seriösen Anschein zu geben.

„Verkürzung“ von Sozialversicherungsbeiträgen

Solche „Gestaltungen“ ziehen in der Praxis erhebliche Probleme nach sich. Zunächst ist an die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen zu denken, parallel auch an eine mögliche Strafbarkeit nach § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Sozialversicherungsbeiträgen) – der Betonhersteller dürfte Arbeitgeber und die rumänischen „GbR-Gesellschafter“ dürften in Wahrheit Arbeitnehmer sein.

In der Praxis ist dabei zu beachten, dass die Rechtsprechung den Beginn der Verjährungsfrist neu justiert hat.

Lohnsteuer

Wenn der Betonhersteller Arbeitgeber ist, dann hätte er auch Lohnsteuer abführen müssen. Daher wird sich auch das Finanzamt brennend für den Fall interessieren: Die Nachforderung von Lohnsteuer bzw. eine Haftung des Arbeitgebers für nicht abgeführte Lohnsteuer dürfte anstehen. Und hier kommt das Steuerstrafrecht inst Spiel: Durch die pflichtwidrige Nichtabgabe von Lohnsteueranmeldungen wurde im Regelfall Lohnsteuer hinterzogen (§ 370 AO).

Umsatzsteuer

Zudem besteht ggf. noch ein umsatzsteuerrechtliches Problem: Wenn die GbRs (Schein-)Rechnungen an den Betonhersteller geschrieben und darin Umsatzsteuer ausgewiesen haben, dann wird die darin ausgewiesene Umsatzsteuer geschuldet, solange die Rechnungen nicht korrigiert wurden. Trotzdem darf der Rechnungsempfänger (Betonhersteller) die in den (Schein-)Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Dann wird Umsatzsteuer nachgefordert und ggf. steht auch die Hinterziehung von Umsatzsteuer im Raum.

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