Kein Vorsatz bei Steuerhinterziehung: Vertrauen auf Mitarbeiter und Steuerberater entlastet

Schon etwas her, aber in der Praxis sehr relevant: Eine relativ kurze Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25.01.2023 (Aktenzeichen: 1 StR 199/22) befasst sich mit der Frage, ob Vorsatz oder Leichtfertigkeit auch dann vorliegt, wenn sich der Steuerpflichtige bei der Erfüllung seiner steuerrechtlichen Pflichten auf Mitarbeiter oder seinen Steuerberater verlässt.

Landgericht sprach mangels Vorsatzes und Leichtfertigkeit frei

Das Landgericht sprach den Angeklagten vom Vorwurf der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) frei. Der Angeklagte habe nicht vorsätzlich gehandelt, weil er bei Erstellung der Buchhaltung und der Steuererklärungen auf seine Mitarbeiter und auf seine steuerlichen Berater vertraut habe. Er habe auch keinen Anlass gehabt, deren Arbeit infrage zu stellen. Leichtfertigkeit (§ 378 AO) liege daher ebenfalls nicht vor.

Bestätigung des Freispruchs durch den BGH

Der BGH bestätigte die Beweiswürdigung des Landgerichts und verwarf die Revision der Staatsanwaltschaft. Die Beurteilung des Landgerichts, der Angeklagte habe weder vorsätzlich noch leichtfertig gehandelt, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Praxis-Tipp

Unternehmerisch tätige Mandanten lassen ihre steuerlichen Angelegenheiten (Buchführung, Jahresabschlüsse, Steuererklärungen) meist von einem Steuerberater erledigen. Dem sachkundigen Rat eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts darf der Steuerpflichtige regelmäßig vertrauen, wenn der Sachverhalt vom Berater umfassend geprüft wurde.

Der Steuerpflichtige muss aber darlegen, dass er seinen Berater über alle Umstände informiert hat und wie die Rechtsauskunft des Beraters im Einzelnen lautete. Gelingt dies – was eine entsprechende Dokumentation der Beratungsanfrage und der Auskunft des Beraters voraussetzt –, ist der Vorsatz (§ 370 AO) zu verneinen.

Aber auch Leichtfertigkeit (§ 378 AO) liegt dann im Regelfall nicht vor. Die Rechtsprechung versteht § 378 AO als „Auffangtatbestand“: Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass sich der Steuerpflichtige zumindest leichtfertig verhalten hat, kommt ein Freispruch vom Vorwurf der Steuerhinterziehung wegen nicht erwiesenen Tatvorsatzes nur in Betracht, wenn zugleich geprüft wird, ob § 378 AO vorliegt.