Restschuldbefreiung auch für Hinterziehungszinsen

Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) sind keine Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung i. S. v. § 302 Nr. 1 InsO. Sie sind deshalb auch nicht von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20.03.2012, VII R 12/11, entschied. Der BFH führt aus:

Nach dem Senatsurteil vom 19. August 2008 VII R 6/07 (BFHE 222, 199, BStBl II 2008, 947) sind hinterzogene Steuern keine Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Steueransprüche, selbst wenn sie in Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung entstanden sind, sind weder Schadenersatzansprüche aus §§ 823 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch diesen oder Geldstrafen vergleichbare Verbindlichkeiten.

Entgegen der Auffassung des FA gilt für Hinterziehungszinsen nichts anderes. § 302 Nr. 1 InsO beruht auf dem vollstreckungsrechtlichen Gedanken, dass der Schuldner, gegen den Forderungen aus unerlaubten Handlungen bestehen, wegen dieser Forderungen weniger schutzwürdig ist. Deshalb ist dem Insolvenzschuldner für Forderungen aus unerlaubten Handlungen die Restschuldbefreiung zu versagen. Ebenso wie der auf einer Steuerhinterziehung beruhende Steueranspruch resultieren jedoch auch die Hinterziehungszinsen nicht auf einer unerlaubten Handlung. Sie entstehen nur, wenn die auf einem Steuertatbestand –und nicht auf einer unerlaubten Handlung– beruhende Hauptforderung entstanden ist. Ähnlich wie der in § 71 AO geregelte Haftungsanspruch (vgl. Senatsurteil in BFHE 181, 552, BStBl II 1997, 308) hängt der Zinsanspruch nach § 235 AO somit vom Entstehen des auf einer Steuerhinterziehung beruhenden Steueranspruchs ab. Der Zinsanspruch knüpft damit an die auf einer Steuerhinterziehung beruhenden Steuerschulden an, die –wegen der Akzessorietät des Zinsanspruchs– entstanden sein müssen. Dieses zusätzliche Erfordernis muss ein bloßer Deliktsanspruch nicht erfüllen. Deshalb teilt die Zinsforderung das Schicksal der Hauptforderung und kann nicht als aus einer unerlaubten Handlung resultierender Anspruch angesehen werden …

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