Achtung: Dieser Artikel ist nicht mehr aktuell (Stand: 11.07.2012) und wird demnächst überarbeitet.
Seit dem 01.07.2010 haben Schuldner die Möglichkeit, ihr Konto in ein Pfändungsschutzkonto („P-Konto“) umwandeln zu lassen. Dem Schuldner steht nach Einrichtung eines P-Kontos monatlich grundsätzlich ein pfändungsfreier Betrag in Höhe von 985,15 € zu (insbesondere bei Unterhaltsverpflichtungen auch ein höherer Betrag). Dieser Pfändungsschutz wird dann automatisch auch bei Pfändungen durch das Finanzamt beachtet. Beträgt das Nettoeinkommen des Schuldners also nicht mehr als 985,15 €, so ist es unpfändbar.
Was aber, wenn der Schuldner ein höheres Nettoeinkommen als 985,15 € hat? Was passiert dann mit dem überschießenden Betrag?
Dazu ein vereinfachtes Beispiel aus meiner Praxis: Das Finanzamt pfändet das private Girokonto des Schuldners. Das Konto wird als P-Konto geführt. Der Schuldner hat ein Nettoeinkommen aus seinem Arbeitsverhältnis in Höhe von 2.000,00 € monatlich.
Lösung: Der Schuldner hat, von einigen Ausnahmen abgesehen, nur Anspruch auf einen pfändungsfreien Betrag in Höhe von 985,15 €. Der überschießende Betrag (2.000,00 € ./. 985,15 € = 1.014,85) ist voll pfändbar und darf von der Bank an das Finanzamt abgeführt werden.
Abwandlung des Beispiels: Wie oben, allerdings wird das Girokonto des Schuldners nicht als P-Konto geführt.
Lösung: Nach der Lohnpfändungstabelle (Anlage zur Zivilprozessordnung; gilt auch im Vollstreckungsverfahren des Finanzamtes) ist nur ein Betrag in Höhe von 710,40 € pfändbar, unpfändbar bleiben 1.289,60 € (2.000,00 € ./. 710,40 = 1.289,60 €). Dieser unpfändbare Betrag in Höhe von 1.289,60 € kann durch einen Vollstreckungsschutzantrag beim Finanzamt (Vollstreckungsstelle) durchgesetzt werden.
Wie man anhand dieses Beispiels sieht, kann der Schuldner mit einem P-Konto schlechter gestellt sein als mit herkömmlichem Pfändungsschutz. Bis zum 31.12.2011 hat der Schuldner die Wahl, sich für die Einrichtung eines P-Kontos oder für den herkömmlichen Pfändungsschutz zu entscheiden. Eine Verpflichtung, ein P-Konto einzurichten, besteht für den Schuldner nicht. Ab dem 01.01.2012 ist Kontopfändungsschutz jedoch nur noch durch Einrichtung eines P-Kontos möglich.
In der rechtlichen Beratung von Mandanten ist daher genau zu prüfen, ob sich die Einrichtung eines P-Kontos derzeit wirtschaftlich überhaupt lohnt. Insbesondere bei höheren Nettoeinkommen ist dies nicht der Fall. Zu berücksichtigen sind auch die Bankgebühren für die Einrichtung und Unterhaltung eines P-Kontos. Nur bei niedrigem Nettoeinkommen dürfte die Einrichtung eines P-Kontos die sinnvollere Alternative sein.
Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht
Hallo Herr Deutschendorf,
bei höheren Nettoeinkommen ist der Schuldner mit P-Konto nicht schlechter gestellt als mit herkömmlichen Pfändungsschutz, denn er kann beim Vollstreckungsgericht (oder Finanzamt) den Antrag stellen, dass der Basispfändungsbetrag auf die Beträge der Lohnpfändungstabelle erhöht wird.
Hallo,
wahrscheinlich meinen Sie die Erhöhung des Sockelfreibetrags (985,15 €) aufgrund von besonderen Sachverhalten (z. B. Unterhaltspflichten ggü. Ehegatte und/oder Kindern, Bezug bestimmter Sozialleistungen).
Dies ist grundsätzlich richtig. In meinem meinem Beispielsfall lagen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor. Klarstellend hätte ich vielleicht noch einfügen sollen, dass der Schuldner ledig ist und keine Kinder hat.
Nein, der Sockelfreibetrag von 985,15 € kann auch bei Ledigen ohne Kinder durch das Vollstreckungsgericht auf die Beträge der Lohnpfändungstabelle erhöht werden. In Ihrem Beispielsfall sind aufgrund des Nettolohns nach der Lohnpfändungstabelle 1.289,60 € unpfändbar. Der Sockelfreibetrag wird beim P-Konto auf 1.289,60 € erhöht, wenn der Schuldner einen entsprechenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts seiner Bank vorlegt. Mir ist eine Bank in meiner Stadt bekannt, die sogar aufgrund einer einfachen Bescheinigung des Arbeitgebers über die Höhe des pfändungsfreien Betrages den Sockelfreibetrag erhöht.
Wenn die Bank eine Arbeitgeberbescheinigung akzeptiert, braucht noch nicht einmal das Gericht bemüht zu werden.
Mich würde die Rechtsgrundlage zu Ihrem Beispiel interessieren. Das Vollstreckungsgericht spielt jedoch im steuerlichen Vollstreckungsverfahren keine Rolle.
Mir ist ein Finanzamt bekannt, dessen Sachgebietsleiter Vollstreckung mir telefonisch mitteilte, dass ihn Freibeträge über 985,15 € nicht interessieren. Er habe keine Lust, das nachzurechnen. Aus einem solchen Einzelfall darf man jedoch nicht aufs Allgemeine schließen.