Im Oktober 2021 berichtete ich von einem Rechtsstreit vor dem Thüringer Finanzgericht. Dort ging es um einen Haftungsbescheid gegenüber einem Insolvenzverwalter. Das Finanzamt warf ihm vor, für den Insolvenzschuldner vorsätzlich keine Feststellungs- und Einkommensteuererklärung abgegeben zu haben, wodurch ein Steuerschaden entstanden sei. Gestützt wurde die Haftung auf § 71 AO (Steuerhinterzieher-Haftung).
In der Sache fand zunächst auf meine Anregung hin ein Erörterungstermin statt, in dem jedoch noch kein Verfahrensabschluss erreicht werden konnte. Dazu kam es jedoch jetzt in der regulären mündlichen Verhandlung. Aus Sicht des Vorsitzenden war insbesondere die Frage des Vorsatzes offen. Das Finanzamt trage insoweit die Feststellungslast. Im Haftungsbescheid und in der Einspruchsentscheidung stehe hierzu nicht viel. Eventuell hätten daher noch weitere Beweise erhoben werden müssen.
Vor diesem Hintergrund wurde in der mündlichen Verhandlung eine Verständigung getroffen: Das Finanzamt war bereit, den Haftungsbescheid von sich aus aufzuheben. Ich setzte mich zudem damit durch, dass die Kosten des Verfahrens vom Finanzamt und vom Kläger jeweils zur Hälfte getragen werden. Auf diese Weise wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Praxis-Tipp Hilft das Finanzamt (erst) im Finanzgerichtsverfahren ab (hier: Aufhebung des Haftungsbescheides), muss es normalerweise die Kosten des Verfahrens (Beraterkosten für das Einspruchs- und Klageverfahren) allein tragen. Im vorliegenden Fall hing die Abhilfe jedoch auch davon ab, dass man sich bei den Kosten verständigt. Da das Finanzamt von den Gerichtskosten befreit ist, wollte es gern folgende Kostenentscheidung: Das Finanzamt trägt die Gerichtskosten, der Kläger trägt seine außergerichtlichen Kosten (Beraterkosten) selbst. Das Finanzamt hätte also im Ergebnis überhaupt keine Kosten zu tragen, der Kläger dagegen bleibt auf seinen gesamten Beraterkosten sitzen. Es gibt Fälle, in denen eine solche Kostenentscheidung angemessen ist. Im vorliegenden Fall beharrte ich jedoch darauf, dass sich das Finanzamt zumindest zur Hälfte an den Beraterkosten des Mandanten beteiligt. |