Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Category: Rechtsprechung

  • BFH: Neues zu Steuerhinterziehung und Restschuldbefreiung

    Zwischen dem Steuer(straf)recht und dem Insolvenzrecht bestehen unliebsame Wechselwirkungen. Befindet sich der Mandant im Insolvenzverfahren oder hat er vor, Insolvenzantrag zu stellen, dann kann die Restschuldbefreiung für Steuerschulden auf der Kippe stehen, wenn der Vorwurf einer Steuerhinterziehung im Raum steht.

    Rechtskräftige Verurteilung wegen Steuerhinterziehung schließt Restschuldbefreiung aus

    Hintergrund ist § 302 Nr. 1 InsO: Nach dieser Vorschrift sind „Verbindlichkeiten des Schuldners … aus einem Steuerschuldverhältnis“ von der Restschuldbefreiung ausgenommen, „sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist …“

    Darunter fällt also insbesondere eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO).

    Für eine rechtskräftige Verurteilung genügt ein Strafbefehl (vgl. § 410 Abs. 3 StPO), ein „echtes“ Urteil ist nicht erforderlich (BFH, 28.06.2022, VII R 23/21; 07.08.2018, VII R 24, 25/17: sogar Strafbefehl mit Verwarnung mit Strafvorbehalt, § 59 StGB, genügt). Eine rechtskräftige Verurteilung liegt auch dann (noch) vor, wenn die Eintragung im Bundeszentralregister (BZR) schon getilgt wurde (BFH, 07.08.2018, VII R 24, 25/17).

    Die rechtskräftige Verurteilung muss auch noch nicht im Zeitpunkt der Forderungsanmeldung vorliegen (BFH, 28.06.2022, VII R 23/21).

    Forderungsanmeldung des Finanzamtes mit Attribut „Steuerstraftat“

    Insolvenzforderungen müssen (auch) vom Finanzamt gemäß § 174 Abs. 1 InsO beim Insolvenzverwalter zur Tabelle angemeldet werden. Bei der Anmeldung zur Insolvenztabelle sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers (Finanzamt) ergibt, dass ihr eine Steuerstraftat des Schuldners zugrunde liegt (§ 174 Abs. 2 InsO).

    Praxis-Tipp

    Hat das Finanzamt eine Forderung mit dem Attribut „Steuerstraftat“ zur Insolvenztabelle angemeldet, so hat das Insolvenzgericht den Insolvenzschuldner auf die Rechtsfolgen des § 302 InsO und auf die Möglichkeit eines Widerspruchs hinzuweisen (§ 175 Abs. 2 InsO).

    BFH: Attribut „Steuerstraftat“ kann nachträglich angemeldet werden

    Allerdings kann dieses Attribut (Tatsachen hinsichtlich Steuerstraftat) auch noch nachträglich (bis zum Schlusstermin, § 197 InsO) beim Insolvenzverwalter angemeldet werden (§ 177 Abs. 1 InsO).

    Widerspricht der Schuldner diesem Attribut (die Beschränkung auf das Attribut „Steuerstraftat“ ist zulässig), darf das Finanzamt dazu einen Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 AO erlassen. Aus diesem Bescheid muss sich ergeben, dass der Schuldner im Zusammenhang mit der Forderung wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt worden ist (BFH, 28.06.2022, VII R 23/21). Der Erlass des Feststellungsbescheides ist nur bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens zulässig (AEAO zu § 251, Nr. 5.3.2).

    Der Ausschluss der Restschuldbefreiung soll nach Auffassung der Finanzverwaltung (AEAO zu § 251, Nr. 15.2) auch dann gelten, wenn die Verurteilung erst nach Beendigung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig wird.

    Praxis-Tipp

    Auch steuerliche Nebenleistungen nach § 3 Abs. 4 AO (z. B. Zinsen und Säumniszuschläge), die nicht im Strafbefehl bzw. im Urteil enthalten sind, werden von § 302 Nr. 1 InsO erfasst.

    Jedenfalls sind Einstellungen nach §§ 153ff. StPO – insbesondere Einstellung gegen Geldauflage (§ 153a StPO) – nicht von § 302 Nr. 1 InsO erfasst. In diesen Fällen ist eine Restschuldbefreiung auch hinsichtlich strafbefangener Steuerforderungen möglich.
  • BFH-Website nach Hackerangriff abgeschaltet

    Wer derzeit Pressemitteilungen oder Entscheidungen auf der Website des BFH abrufen möchte, erhält den Hinweis, dass „aufgrund von Wartungsarbeiten am Server … unsere Webseite bis auf Weiteres nicht erreichbar“ ist. Hintergrund ist ein Hackerangriff, von dem offenbar auch der Server des BFH betroffen ist.

  • Betriebsprüfung darf von Einnahmen-Überschuss-Rechnern keinen GDPdU-Datenträger verlangen

    Grundsätzlich darf das Finanzamt bzw. die Betriebsprüfung die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen (insbesondere Buchführungsunterlagen) des Steuerpflichtigen einsehen, auch in Form von gespeicherten Daten. Dazu wird im Normalfall reflexartig zu Beginn der Betriebsprüfung die Überlassung eines Datenträgers mit den entsprechenden Daten verlangt.

    Das Verlangen eines Betriebsprüfers nach „Überlassung eines Datenträgers nach GDPdU“ gegenüber einem Einnahmen-Überschuss-Rechner (hier: Rechtsanwaltssozieät) ist jedoch rechtswidrig, so der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 07.06.2021, Az. VIII R 24/18. Der Umfang des beabsichtigten Zugriffs auf die Daten der Rechtsanwaltssozietät sei nicht hinreichend begrenzt. Die Datenträgerüberlassung kann sich nur auf aufbewahrungspflichtige Daten beziehen.

    Zudem – gerade vor dem Hintergrund von „Corona“ und Home-Office sehr interessant – sei die Aufforderung unverhältnismäßig und rechtswidrig, weil sie keine Beschränkung enthielt, dass der überlassene Datenträger vom Prüfer nur in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen oder in den Diensträumen des Finanzamtes ausgewertet werden darf. Für eine Auswertung der Daten außerhalb dieser Räume – etwa auf dem Dienstlaptop des Außenprüfers – bestehe keine Rechtsgrundlage.

    Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete es, der Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung der geschützten Daten von Berufsgeheimnisträgern Rechnung zu tragen und nach Möglichkeit auszuschließen, dass die Daten außerhalb der Geschäftsräume des Steuerpflichtigen oder der Diensträume der Finanzverwaltung, z.B. infolge eines Diebstahls des Prüfer-Notebooks, in fremde Hände geraten können. Dieses Bedürfnis sei ohne nennenswerte Beeinträchtigung einer rechnergestützten Außenprüfung angemessen berücksichtigt, wenn die Daten des Steuerpflichtigen nur in seinen Geschäftsräumen oder an Amtsstelle erhoben und verarbeitet werden dürfen. Damit schließt sich der BFH einer Entscheidung aus 2014 an (BFH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VIII R 52/12).

    ► Praxis-Tipp

    Die Aufforderung des Finanzamtes bzw. der Betriebsprüfung an den Steuerpflichtigen, Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger für eine Betriebsprüfung zur Verfügung zu stellen, kann mittels Einspruch (und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung) angefochten werden. Das Finanzamt muss die Datenträgerüberlassung auf die jeweils konkreten Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten beschränkten.

    Eine Datenträgerüberlassung durch Berufsgeheimnisträger (Rechtsanwälte, Steuerberater, …) ist besonders kritisch zu prüfen. Dabei muss das Finanzamt sicherstellen, dass die Daten des Steuerpflichtigen nur beim Steuerpflichtigen selbst oder nur in den Diensträumen des Finanzamtes verarbeitet bzw. ausgewertet werden dürfen. Damit wäre bspw. eine „Mitnahme“ der Daten ins Home-Office des Prüfers mittels Notebook unzulässig.

  • Terminsverlegung bei nicht rechtzeitig erhaltener Klageerwiderung

    Nur in bestimmten Fällen – „aus erheblichen Gründen“, wie es in § 227 Abs. 1 ZPO heißt (§ 155 FGO verweist auf diese Vorschrift) – ist ein Verhandlungstermin vor dem Finanzgericht zu verlegen.

    In einem Beschluss vom 29.07.2021, Az. IX B 56/20, sah der Bundesfinanzhof (BFH) einen solchen erheblichen Grund darin, dass dem Kläger die Klageerwiderung des Finanzamtes nicht rechtzeitig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung zustellt wurde. Deshab hatte der Kläger Terminsverlegung beantragt. Trotzdem hatte das Finanzgericht (ohne Anwesenheit des Klägers) verhandelt.

    So nicht, meinte der BFH. Durch die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Klägers sei dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Das Finanzgericht habe vielmehr dem Terminsverlegungsantrag stattgeben müssen. Eine Übergabe von Schriftsätzen in der mündlichen Verhandlung sei grundsätzlich nicht ausreichend, selbst wenn der Finanzrichter meint, in der Klageerwiderung stehe nichts neues drin.

    ► Praxis-Tipp

    Vor dem Finanzgericht kann auch bei Ausbleiben eines Beteiligten (z. B. des Klägers) verhandelt und entschieden werden. Voraussetzung ist eine ordnungsgemäße Ladung zur mündlichen Verhandlung (vgl. § 91 Abs. 2 FGO). Versäumnisurteile wie im Zivilprozess gibt es im Finanzgerichtsprozess nicht.

    Ganz gefährlich wird es, wenn man in einem solchen Fall der nicht rechtzeitig übermittelten Klageerwiderung trotzdem zur mündlichen Verhandlung erscheint. Dann muss man (zu Protokoll) die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügen. Anderenfalls – so die Rechtsprechung – verzichtet man auf sein Rügerecht, kann die Rüge also später in der Revision nicht mehr vorbringen.

  • Untätigkeitsklage setzt vorherigen Einspruch voraus

    Einspruchsverfahren können mitunter Jahre dauern. Manchmal möchte man das Finanzamt „auf die Jagd tragen“ und zwingen, schneller zu entscheiden. Dafür bietet sich die so genannte Untätigkeitsklage nach § 46 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an. Das ist keine besondere Klage, sondern eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass vor Klageerhebung das Einspruchsverfahren abgeschlossen sein muss. Im Normalfall wird ja erst dann Klage beim Finanzgericht eingereicht, wenn eine Einspruchsentscheidung des Finanzamtes vorliegt.

    Grundsätzlich kann die Untätigkeitsklage auch erst nach Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des Einspruchs erhoben werden.

    Zu beachten ist, dass bei Erhebung der Untätigkeitsklage auch tatsächlich noch ein Einspruchsverfahren anhängig ist. Wurde beispielsweise versäumt, gegen einen Steuerbescheid rechtzeitig Einspruch einzulegen (und kommt auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht), dann ist auch eine Untätigkeitsklage unzulässig. Das bestätigte der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 23.03.2021, Az. VII R 7/19.

    ► Praxis-Tipp

    Bevor Untätigkeitsklage erhoben wird, muss immer geprüft werden, ob überhaupt Einspruch eingelegt wurde. Das wird – wie die Entscheidung vom 23.03.2021 zeigt – hin und wieder auch von Beratern übersehen.

    Zudem sind grundsätzlich sechs Monate seit Einspruchseinlegung abzuwarten. Daran scheitert aber nicht die Zulässigkeit der Klage. Wurde die Untätigkeitsklage zu früh erhoben, kann die Klage im Laufe des Finanzgerichtsverfahrens noch „in die Zulässigkeit hineinwachsen.“

  • Cum-Ex-Leerverkäufe und Steuerhinterziehung – Einziehung bei verjährten Steuerforderungen auch rückwirkend zulässig

    Die Geltendmachung tatsächlich nicht einbehaltener Kapitalertragsteuer auf der Grundlage von Cum-Ex-Leerverkaufsgeschäften ist Steuerhinterziehung. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 28.07.2021, 1 StR 519/20. Zugleich hatte der BGH über die Rechtmäßigkeit einer rückwirkenden Einziehung von Taterträgen zu entscheiden.

    Cum-Ex-Leerverkäufe und Steuerhinterziehung

    Das Thema „Cum-Ex“ ist komplex. Der BGH entschied in einem speziellen Fall, dass die Geltendmachung tatsächlich nicht einbehaltener Kapitalertragsteuer auf Basis von Cum-Ex-Leerverkaufsgeschäften Steuerhinterziehung darstellt. Es handelt sich um unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, wodurch ungerechtfertigte Steuervorteile im Sinne von § 370 Abs. 4 S. 2 AO erlangt wurden. Damit bestätigte der BGH die Entscheidung der Vorinstanz (LG Bonn, 18.03.2020, 62 KLs – 213 Js 41/19 – 1/19).

    Einziehung auch rückwirkend zulässig

    Hat der Straftäter oder ein Dritter (hier: eine Bank) durch die Straftat einen Vermögensvorteil (hier: Kapitalertragsteuererstattung als ungerechtfertigter Steuervorteil) erlangt, dann soll er diesen nicht behalten dürfen. Der Vermögensvorteil wird ihm wieder weggenommen (Vermögensabschöpfung bzw. Einziehung).

    Früher war eine Einziehung nicht möglich, wenn die zugrunde liegende Steuerforderung des Finanzamtes schon verjährt war. Das stellte der BGH noch in einer Entscheidung vom 24.10.2019, 1 StR 173/19, klar. Diese Entscheidung ist jedoch überholt. Nachdem überhastet zwei „Nichtanwendungsgesetze“ erlassen wurden, ist seit dem 29.12.2020 eine Neuregelung in § 73e Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) in Kraft, wonach die Einziehung auch „für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind“, zulässig ist.

    Aufgrund der Übergangsvorschrift in § 316j des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) ist die Einziehung bei verjährten Steuerforderungen sogar dann zulässig, wenn die Verjährung bereits vor dem 29.12.2020 eingetreten ist und es sich um eine Steuerverkürzung im großen Ausmaß handelt (Nr. 1 der Vorschrift). Nach Auffassung des BGH verstößt diese Übergangsvorschrift nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

  • Verfassungsbeschwerde gegen erstes Cum-Ex-Urteil des BGH unzulässig

    Mit Urteil vom 28.07.2021, 1 StR 519/20, entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass die Geltendmachung tatsächlich nicht einbehaltener Kapitalertragsteuer gegenüber dem Finanzamt auf Grundlage von Cum-Ex-Leerverkäufen den Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt.

    In dem BGH-Urteil war u. a. auch die Einziehung von Taterträgen gegenüber einer beteiligten Bank bestätigt worden. Hiergegen hatten Anteilseigner der Bank Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingelegt.

    Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, 22.11.2021, 2 BvR 1872/21), nahm die Verfassungsbeschwerde allerdings nicht zur Entscheidung an. Der eine Beschwerdeführer sei gar nicht beschwerdebefugt. Der andere habe sich nicht mit der entgegenstehenden Rechtsprechung des BVerfG auseinandergesetzt, die zu einem vergleichbaren Fall schon vorliege. Zudem hätten beide Beschwerdeführer nicht dargelegt, dass sie den vorrangigen fachgerichtlichen Rechtsschutz ausgeschöpft haben.

  • Einziehungsentscheidung – Richterlicher Hinweis erforderlich

    Hat der Straftäter durch die Straftat einen Vermögensvorteil erlangt, soll er diesen nicht behalten dürfen. Der Vermögensvorteil wird ihm wieder weggenommen (Vermögensabschöpfung bzw. Einziehung). Zur Sicherung der Einziehung, die erst bei einer strafrechtlichen Verurteilung angeordnet wird, kann als vorläufige Maßnahme schon im Ermittlungsverfahren der Vermögensarrest angeordnet werden, z. B. durch Kontenpfändung oder Eintragung einer Sicherungshypothek im Grundbuch.

    Reform der Vermögensabschöpfung 2017

    Mit Wirkung vom 01.07.2017 wurde die Vermögensabschöpfung (Einziehung und Vermögensarrest) reformiert. Bis dahin fristete die Vermögensabschöpfung im Steuerstrafrecht nur ein Schattendasein. Meinecke (DStR 2018, 2387) prophezeite, dass

    „der (neue) Vermögensarrest … in Steuerstrafverfahren das Instrument der kommenden Jahre, wenn nicht Jahrzehnte“

    ist.

    Diese Prophezeiung ist (leider) eingetreten. In den meisten Fällen wird jetzt eine steuerstrafrechtliche Verurteilung mit einer Einziehungsentscheidung verbunden, wenn die hinterzogenen Steuern noch nicht nachgezahlt wurden. Zahlreiche Entscheidungen des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, der unter anderem die alleinige Zuständigkeit für Revisionen in Steuer- und Zollstrafsachen hat, sind in letzter Zeit zum neuen Einziehungsrecht speziell in Steuerstrafverfahren ergangen.

    Anklageschrift schweigt zur Einziehung – Hinweis erforderlich

    Zwischen dem 5. und dem 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs war bisher streitig, was gilt, wenn die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft oder der Eröffnungsbeschluss des Gerichts die Einziehung nicht erwähnen. Muss der Strafrichter dann in der Hauptverhandlung einen Hinweis geben, dass er eine Einziehung beabsichtigt? Ist die Einziehungsentscheidung ohne einen solchen vorherigen Hinweis rechtswidrig und in der Revision aufzuheben?

    Der Große Strafsenat des Bundesgerichtshofs entschied am 22.10.2020, Az. GSSt 1/20 – im Einklang mit dem 1. Strafsenat und entgegen dem 5. Strafsenat -, dass dieser Hinweis erforderlich ist. Hintergrund ist § 265 der Strafprozessordnung (StPO). Dessen Sinn und Zweck ist es, den Angeklagten vor Überraschungsentscheidungen zu bewahren und eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen.

    Praxis-Tipp

    Wird die Einziehung weder in der Anklageschrift noch im Eröffnungsbeschluss erwähnt und erteilt das Gericht auch keinen Hinweis nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO, dann wird eine dennoch angeordnete Einziehung in der Revision aufgehoben.
  • Online-Pokergewinne steuerpflichtig?

    Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 10.03.2021, Az. 11 K 3030/15 E, G, können Gewinne aus Online-Pokerspielen steuerpflichtig sein. Zumindest, wenn es sich – wie im konkreten Fall („Texas Hold’em“) – um ein Geschicklichkeitsspiel und nicht um ein Glücksspiel handelt.

    Hiergegen wurde Revision zum BFH eingelegt (Az. X R 8/21)