Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Category: Kosten der Verteidigung

  • Sind die Kosten der Steuerstrafverteidigung steuerlich abziehbar?

    Kosten für die Steuerstrafverteidigung können erheblich sein. Häufig werde ich gefragt, ob die Kosten wenigstens steuerlich geltend gemacht werden können.

    In einer Entscheidung vom 31.03.2022, Az. VI B 88/21, hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit dieser Frage auseinandergesetzt. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Voraussetzungen für den Abzug von Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten.

    Sachverhalt: Lohnsteuerhinterziehung durch faktischen GmbH-Geschäftsführer

    Im konkreten Fall ging es um einen faktischen Geschäftsführer einer GmbH, dem Lohnsteuerhinterziehung und das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt vorgeworfen wurde. Das Finanzamt wollte die Kosten für seine Strafverteidigung nicht als Betriebsausgaben anerkennen.

    Der BFH bestätigte jedoch, dass Strafverteidigungskosten grundsätzlich abzugsfähig sein können, wenn ein hinreichender Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit besteht.

    Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug

    Werbungskosten sind – über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hinaus – alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG).

    Nach der Rechtsprechung des BFH können auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer
    beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen.

    Eckpunkte der Entscheidung

    Der BFH hat im Wesentlichen seine bisherige Rechtsprechung mit folgenden Eckpunkten bestätigt:

    • Beruflicher oder betrieblicher Anlass erforderlich: Strafverteidigungskosten sind abzugsfähig, wenn der strafrechtliche Vorwurf durch das berufliche oder betriebliche Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist.
    • Konkrete Tat maßgeblich: Es kommt auf die konkrete Tat (Tatvorwurf) an, aufgrund derer die Kosten entstanden sind.
    • Keine private Überlagerung: Wenn private Motive (z. B. persönliche Bereicherung) im Vordergrund stehen, kann der berufliche Anlass in den Hintergrund treten und den Abzug verhindern.

    Wann liegt ein beruflicher oder betrieblicher Anlass vor?

    Ein beruflicher oder betrieblicher Anlass liegt vor, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit begangen wurde. Dies kann beispielsweise der Fall sein bei Verstößen gegen steuerliche Pflichten im Rahmen der Unternehmensführung, konkret die Nichtabgabe oder unrichtige bzw. unvollständige Abgabe von Lohnsteueranmeldungen durch den Arbeitgeber.

    Wann überwiegen private Motive?

    Private Motive überwiegen, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit im Zusammenhang stehen, als diese nur eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft. Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird insbesondere aufgehoben, wenn der Steuerpflichtige seinen Arbeitgeber bewusst schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat.

    Eine Bereicherung durch die Steuerhinterziehung ist in der Praxis häufiger anzutreffen, so dass in diesem Fall eine Geltendmachung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben grundsätzlich ausscheidet.

    Checkliste

    • Strafrechtlicher Vorwurf: Welcher konkrete strafrechtliche Vorwurf wird Ihnen gemacht?
    • Beruflicher ober betrieblicher Zusammenhang: Steht der Vorwurf im direkten Zusammenhang mit Ihrer beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit?
    • Ausübung der Tätigkeit: Wurde die Tat in Ausübung Ihrer beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit begangen?
    • Private Motive: Überwiegen private Motive (z.B. persönliche Bereicherung) oder steht der berufliche Anlass im Vordergrund?
    • Dokumentation: Können Sie den Zusammenhang zwischen dem Vorwurf und Ihrer beruflichen bzw. betrieblichen Tätigkeit nachweisen?
  • Kostenfestsetzungsantrag in einer Steuerstrafsache: „Zinsantrag zu unbestimmt“

    An anderer Stelle berichtete ich über ein Steuerstrafverfahren, das nach Aufhebung in der Revision an eine andere Strafkammer des Landgerichts Leipzig zurückverwiesen und dort beendet wurde. Der Staatskasse wurde ein Teil der Anwaltskosten auferlegt.

    „Zinsantrag zu unbestimmt“

    Im Kostenfestsetzungsverfahren schrieb mir die zuständige Rechtspflegerin am Amtsgericht Leipzig:

    „Bezüglich Ihren Kostenfestsetzungsantrages … bitte ich … um Konkretisierung Ihres Zinsantrages. Sie haben weder einen konkreten Zinssatz oder z.B. einen Verweis auf auf die gesetzliche Regelung im Antrag angegeben. Der Antrag ist hinsichtlich des Zinsantrages deshalb zu unbestimmt.“

    Man reibt sich die Augen: Ich ging davon aus, dass die gesetzliche Regelung dort bekannt sei. Daher hatte ich tatsächlich im Kostenfestsetzungsantrag (nur) beantragt,

    „auszusprechen, dass der festgesetzte Betrag ab Eingang des Antrags zu verzinsen ist.“

    Nachbesserung des Zinsantrags

    Ich besserte nach und konkretisierte den Zinsantrag wie folgt:

    „Gemäß § 464b S. 1 StPO wird die Höhe der Kosten und Auslagen, die ein Beteiligter einem anderen Beteiligten zu erstatten hat, auf Antrag eines Beteiligten durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgesetzt. Gemäß § 464b S. 2 StPO ist auf Antrag auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten und Auslagen von der Anbringung des Festsetzungsantrags an zu verzinsen sind. Auf die Höhe des Zinssatzes … sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden (§ 464b S. 3 StPO).

    Gemäß § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ist auf Antrag auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind.“

    Kostenfestsetzungsbeschluss

    Kürzlich erhielt ich den Kostenfestsetzungsbeschluss. Darin heißt es:

    „Die Vergütung und Auslagen sind im Antrag sachlich und rechnerisch richtig berechnet, so dass antragsgemäß festzusetzen ist. Der Verzinsungsantrag wurde mit Schriftsatz vom 29.10.2024 konkretisiert auf 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB ab Antragseingang.“

    Wahnsinn!

  • Kosten der Steuerstrafverteidigung steuerlich abzugsfähig?

    Oft wird die Frage gestellt, ob die Kosten für die Steuerstrafverteidigung wenigstens steuerlich geltend gemacht werden können.

    Wie es in der Juristerei so schön heißt: Es kommt darauf an. Grundsätzlich können Verteidigungskosten als Werbungskosten (bei der Einkommensteuer) oder Betriebsausgaben (bei der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer sowie bei der Gewerbesteuer) abzugsfähig sein, wenn sie beruflich oder betrieblich veranlasst sind. Ein betrieblicher Zusammenhang besteht nur dann, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat ausschließlich aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar ist (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs).

    Aber kein Grundsatz ohne Ausnahme(n): Strafverteidigungskosten in Zusammenhang mit dem Vorwurf der Hinterziehung von Einkommensteuer sind stets privat veranlasst und damit nicht als Werbungskosten (oder Betriebsausgaben) abzugsfähig (Hessisches Finanzgericht, 12.02.2014, 4 K 1757/11). Nicht betrieblich veranlasst ist zudem die Hinterziehung von Betriebssteuern (Umsatzsteuer oder Gewerbesteuer), wenn betriebliche Mittel privat vereinnahmt oder für private Zwecke verwendet und damit dem Betrieb entzogen wurden (Bundesfinanzhof, 20.09.1989, X R 43/86; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 20.10.2020, 5 K 1613/17; Hessisches Finanzgericht, 12.02.2014, 4 K 1757/11).

    Zudem sind Verteidigungskosten, die im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) stehen, keine außergewöhnlichen Belastungen.

  • Strafverteidigungskosten bei Vorsatztat keine außergewöhnlichen Belastungen

    Wer wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, kann die Kosten für seine Strafverteidigung (insbesondere Anwaltskosten) nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehen. Das entschied der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 16.04.2013, Az. IX R 5/12.

    Tipp: Diese Aufwendungen können aber – vorrangig zu prüfende – Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein, wenn sie betrieblich oder beruflich veranlasst sind. Im Streitfall ließen sich die Strafverteidigungskosten aber nicht dem betrieblichen oder beruflichen Bereich zuordnen.

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  • Kein Vorsteuerabzug der GmbH aus Strafverteidigerkosten des Geschäftsführers

    Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit Urt. v. 21.02.2013, Az. C-104/12, entschieden, dass einer GmbH kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkosten zusteht, die in einem Strafverfahren gegen ihren Geschäftsführer entstanden sind. (mehr …)

  • EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkosten

    1. Bestimmt sich der von der EuGH-Rechtsprechung bei der Auslegung des Begriffs für „Zwecke seiner besteuerten Umsätze“ i.S. von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG als maßgeblich erachtete direkte und unmittelbare Zusammenhang

    – nach dem objektiven Inhalt der vom Steuerpflichtigen bezogenen Leistung (hier: Tätigkeit eines Strafverteidigers, damit eine natürliche Person nicht strafrechtlich verurteilt wird) oder

    – nach dem Entstehungsgrund der bezogenen Leistung (hier: wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen, bei der angeblich eine Straftat durch eine natürliche Person begangen wurde)?

    2. Falls es auf den Entstehungsgrund ankommt: Ist ein Steuerpflichtiger, der eine Leistung zusammen mit einem Angestellten in Auftrag gibt, gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zum vollen oder nur zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt und welche Anforderungen bestehen bei Bezug einer Leistung durch mehrere Empfänger an die Rechnungserteilung gemäß Art. 22 Abs. 3 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG?

    @ BFH, Entscheidung vom 22.12.2011, V R 29/10

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