Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Author: Rico Deutschendorf

  • Umsatzsteuer für Leistungen von Gemeinden

    1. Gestattet eine Gemeinde gegen Entgelt die Nutzung einer Sporthalle und Freizeithalle, ist sie gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG als Unternehmer tätig, wenn sie ihre Leistung entweder auf zivilrechtlicher Grundlage oder – im Wettbewerb zu Privaten – auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt.

    2. Gleiches gilt für die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Halle an eine Nachbargemeinde für Zwecke des Schulsports. Auch eine sog. Beistandsleistung, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gegen Entgelt erbracht wird, ist steuerbar und bei Fehlen besonderer Befreiungstatbestände steuerpflichtig.

    @ BFH, Urteil vom 10.11.2011, V R 41/10

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  • Pflichtverletzungen von Berufsträgern – neue Erlasse über Mitteilungspflichten der Finanzbehörden

    Die Regelungen zu Mitteilungspflichten der Finanzbehörden über Berufspflichtverletzungen von Berufsträgern (insb. Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Notare) gegenüber der zuständigen Kammer (z. B. Steuerberaterkammer) sind durch Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23. Januar 2012 neu geregelt worden.

  • Verzögerungsrüge – Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer

    Seit Anfang Dezember 2011 kann die überlange (unangemessene) Verfahrensdauer von Gerichtsverfahren und (steuer-)strafrechtlichen Ermittlungsverfahren mit einem speziellen Rechtsbehelf – der Verzögerungsrüge – angegriffen werden. Rechtsgrundlage sind §§ 198ff. GVG, die über § 155 FGO auch im Finanzgerichtsprozess anzuwenden sind.

    Die Vorschrift birgt Stoff für Streit, denn gemäß § 198 Abs. 1 S. 2 GVG richtet sich die

    … Angemessenheit der Verfahrensdauer … nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

    Rechtsfolge der „unangemessenen“ Verfahrensdauer ist eine „angemessene“ Entschädigung. Für Schäden, die keine Vermögensschäden sind (immaterielle Schäden) beträgt die Entschädigung 1.200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Voraussetzung ist jedoch, dass die Verzögerungsrüge auch erhoben wurde. Die Entschädigung muss sodann mittels Klage beim Entschädigungsgericht geltend gemacht werden.

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  • Steueridentifikationsnummer und Datenspeicherung mit Grundgesetz vereinbar

    Die Zuteilung der Steueridentifikationsnummer und die dazu erfolgte Datenspeicherung (Rechtsgrundlage: § 139b AO) sind mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und sonstigem Verfassungsrecht vereinbar. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 18.01.2012, Aktenzeichen II R 49/10.

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  • AdV-Streitwert weiterhin nur 10 % des Hauptsachestreitwertes

    Bei Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Steuerbescheides setzt der Bundesfinanzhof (BFH) als Streitwert weiterhin nur 10 % des Hauptsachestreitwertes an (BFH, Beschl. v. 17.11.2011, IV S 15/10). Der BFH führt aus:

    Der Streitwert in einem Verfahren wegen AdV ist unter Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung des BFH grundsätzlich mit 10 % des im Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwerts zu bemessen … Der Senat hat zwar erwogen, von der bisherigen Handhabung abzuweichen und den Streitwert auf 25 % des Hauptsachestreitwerts festzusetzen. Er hält die von einigen Finanzgerichten für eine Erhöhung genannten Gründe für überzeugend und geht davon aus, dass eine vom BFH vorgenommene Anhebung des Streitwerts auch zu einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung der Finanzgerichte beitragen würde. Der Senat hat deshalb informell bei allen anderen Senaten des BFH angefragt, ob sie der vorgeschlagenen Anhebung des Streitwerts zustimmen würden. Mehrheitlich haben sich die Senate jedoch dagegen ausgesprochen. … Um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des BFH zu wahren, hält es der beschließende Senat angesichts der fehlenden Mehrheit für eine Rechtsprechungsänderung im BFH für geboten, an den bisherigen Grundsätzen festzuhalten. Er bemisst den Streitwert für ein Verfahren betreffend AdV demgemäß weiterhin mit 10 % des Hauptsachestreitwerts.

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  • Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich mit der Frage zu befassen, wann die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer zu den Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gehört. Eine Masseverbindlichkeit liege nur dann vor, wenn feststeht, dass das Fahrzeug, für dessen Halten die Kraftfahrzeugsteuer geschuldet wird, tatsächlich Teil der Insolvenzmasse ist (BFH, Urt. v. 08.09.2011 – II R 54/10). (mehr …)

  • Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR

    Durch Urteil vom 16.11.2011, Aktenzeichen: X R 18/09, hat der Bundesfinanzhof (BFH) die umstrittene Rechtsfrage geklärt, ob ein Einnahmen-Überschuss-Rechner verpflichtet ist, gegenüber dem Finanzamt die Anlage EÜR abzugeben. Dies hat der BFH bejaht. § 60 Abs. 4 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) stelle eine wirksame Rechtsgrundlage für die Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR dar. Zugleich entschied der BFH, dass die Aufforderung des Finanzamtes, die Anlage EÜR abzugeben, ein (anfechtbarer) Verwaltungsakt ist.

    Die Vorinstanz, das Finanzgericht Münster, hatte mit Urteil vom 17.12.2008, Aktenzeichen: 6 K 2187/08, noch das Gegenteil entschieden: Die Aufforderung des Finanzamtes zur Abgabe der Anlage EÜR sei rechtswidrig, da hierfür keine Rechtsgrundlage bestehe.

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  • Bloßer Verweis auf CD-ROM mit Videoaufzeichnungen im Strafurteil

    Wenn ein Angeklagter in einem Strafverfahren verurteilt wird, muss das Urteil verschiedenen gesetzlichen Vorgaben genügen. Insbesondere müssen gemäß § 267 Abs. 1 StPO

    die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

    Der Bundesgerichtshof musste sich in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 02.11.2011, Az. 2 StR 332/11) damit auseinanderzusetzen, ob in einem Strafurteil zu den Einzelheiten einer Videoaufzeichnung lapidar auf die bei den Gerichtsakten befindliche CD-ROM verwiesen werden durfte, auf der die Videoaufzeichnung gespeichert war. Dies hat der Bundesgerichtshof verneint.

    In der Verweisung auf ein elektronisches Speichermedium als solches liegt keine wirksame Bezugnahme im Sinne von § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO … Selbst wenn man von dem Begriff [gemeint sind „Abbildungen“, Anm. d. Verf.] … grundsätzlich auch Filme umfasst sieht …, setzt eine Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO aber voraus, dass diese selbst Aktenbestandteil geworden sind. Dies ist jedenfalls bei auf elektronischen Medien gespeicherten Bilddateien nicht der Fall. Bei diesen wird nicht der Film als solcher und damit das durch das menschliche Auge unmittelbar wahrnehmbare Geschehen, Bestandteil der Akten, sondern es bedarf für die Wahrnehmung der Vermittlung durch das Speichermedium sowie weiterer technischer Hilfsmittel, die das Abspielen ermöglichen.

    Somit war die Videoaufzeichnung nicht Bestandteil der Urteilsgründe geworden, was grundsätzlich einen Revisionsgrund darstellt.

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  • Selbstanzeigen mit geringfügigen Abweichungen

    Bei einer Selbstanzeige gemäß § 371 AO müssen gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachgeholt werden, ansonsten tritt keine Straffreiheit wegen dieser Steuerstraftaten ein. Geringfügige Abweichungen („Bagatellabweichungen“) vom „vollen Umfang“ sollen die Selbstanzeige aber nicht unwirksam machen. (mehr …)

  • Keine Zusammenveranlagung bei Zweitfrau

    Kann ein Steuerpflichtiger, dessen Ehefrau im Pflegeheim im Wachkoma liegt, weiterhin zusammen veranlagt werden, wenn er bereits mit einer neuen Partnerin zusammen lebt und sogar mit ihr ein gemeinsames Kind hat? Nein, meinte das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 16.06.2011 (Az. 10 K 4736/07), ließ jedoch die Revision zum Bundesfinanzhof zu.

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  • Liechtenstein-CD rechtfertigt Anfangsverdacht für Steuerhinterziehung

    Wer auf einer „Liechtenstein-CD“ mit steuerrelevanten Daten auftaucht, muss mit einer Wohnungsdurchsuchung rechnen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 09.11.2010, Az. 2 BvR 2101/09, eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mittels der ein Beschwerdeführer geltend machte, dass die Daten einem Beweisverwertungsverbot unterlägen.

    Das BVerfG hat offen gelassen, ob und inwieweit Amtsträger bei der Beschaffung der Daten nach innerstaatlichem Recht rechtswidrig oder gar strafbar gehandelt haben. Mittels der CD-Daten lasse sich jedenfalls ein Anfangsverdacht für eine Steuerhinterziehung begründen. Auf diesen Anfangsverdacht gestützt sei eine Wohnungsdurchsuchung zulässig gewesen.

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  • Keine Bindung des Finanzamtes an unverbindliche Auskunft bei Änderung der Rechtslage

    Stellen Sie sich vor, Sie fragen beim Finanzamt nach, ob bestimmte Vorgänge umsatzsteuerpflichtig oder umsatzsteuerfrei sind. Das Finanzamt teilt Ihnen schriftlich, aber „unverbindlich“ mit, dass nach Aktenlage keine Umsatzsteuerpflicht bestehe. Jahre später, nach einer Betriebsprüfung, ändert sich die Rechtslage bzw. die Rechtsauffassung des Finanzamtes. Nunmehr werden erstmals Umsatzsteuerbescheide erlassen für Vorgänge, die zunächst als umsatzsteuerfrei beurteilt wurden. Darf das Finanzamt erst hüh, dann hott sagen?

    Ja, meint der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 30.03.2011, Az. XI R 30/09. Ändere sich die einer unverbindlichen Auskunft zugrunde liegende Rechtslage, ist das Finanzamt nicht nach Treu und Glauben gehindert, einen der geänderten Rechtslage entsprechenden erstmaligen Umsatzsteuerbescheid zu erlassen. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn das Finanzamt anderweitig einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Auf die Änderung der Rechtslage bzw. seiner Rechtsauffassung müsse das Finanzamt den Steuerpflichtigen auch nicht hinweisen.

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