Gemäß § 233a AO sind Steuernachforderungen und Steuererstattungen zu verzinsen. Der Zinssatz beträgt grundsätzlich für alle Zinsen nach der AO „für jeden Monat einhalb Prozent“, also 6 Prozent pro Jahr (§ 238 Abs. 1 S. 1 AO).
Verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes
Aufgrund des „strukturellen Niedrigzinsniveaus“ zweifelte der BFH an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes für Veranlagungszeiträume ab 2015 bzw. ab dem Veranlagungszeitraum 2012. Das BVerfG (08.07.2021, 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) beschloss am 08.07.2021 aufgrund zweier Verfassungsbeschwerden, dass …
„… § 233a … in Verbindung mit § 238 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung … mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar“ ist, „soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von einhalb Prozent für jeden Monat zugrunde gelegt wird.“ Allerdings ist „das bisherige Recht … für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. … Eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung auf die anderen Verzinsungstatbestände nach der Abgabenordnung zulasten der Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO, kommt dagegen nicht in Betracht.“
D. h., die Entscheidung (und die spätere Neuregelung) wirkt sich für Verzinsungszeiträume vor 2019 nicht aus, sondern erst für Verzinsungszeiträume ab 01.01.2019. Die Unvereinbarkeitserklärung betrifft auch nur Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gemäß § 233a AO. Für Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) z. B. soll sie ausdrücklich nicht gelten.
Gesetzliche Neuregelung
Die gesetzliche Neuregelung – Zinssatz von 1,8 % pro Jahr – befindet sich in § 238 Abs. 1a AO: „In den Fällen des § 233a betragen die Zinsen abweichend von Absatz 1 Satz 1 ab dem 1. Januar 2019 0,15 Prozent für jeden Monat, das heißt 1,8 Prozent für jedes Jahr.“ Dies ist eine Sonderregelung nur für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen (§ 233a AO). Für andere Verzinsungstatbestände gilt die Neuregelung nach dem eindeutigen Wortlaut nicht.