Keine Pflicht zur Vorlage einer schriftlichen Vollmacht beim Finanzamt

Nachdem man ein neues Mandat übernommen hat, wird man als Berater hin und wieder mit folgender Aussage des Finanzamtes konfrontiert:

Zur ordnungsgemäßen Einspruchsbearbeitung bitten wir um Vorlage der Vollmacht.

Im Regelfall wird man eine schriftliche Vollmacht des Mandanten haben und es spricht auch nichts dagegen, diese dem Finanzamt vorzulegen. Aber besteht auch eine Verpflichtung des Beraters, die Vollmacht vorlegen?

Zunächst ein Blick ins Gesetz. In § 80 Abs. 1 S. 3 AO heißt es, dass

der Bevollmächtigte … auf Verlangen seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen

hat. „Verlangen“ darf das Finanzamt aber nicht nach Gutdünken oder pro forma. Die Finanzverwaltung ist an Nr. 1 AEAO zu § 80 gebunden. Dort heißt es:

Die Finanzbehörde soll den schriftlichen Nachweis einer Vollmacht nur verlangen, wenn begründete Zweifel an der Vertretungsmacht bestehen … Bei Angehörigen der steuerberatenden Berufe, die für den Steuerpflichtigen handeln, wird eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vermutet.

Wer alles zu den „Angehörigen der steuerberatenden Berufe“ gehört, wird im AEAO nicht definiert. Es handelt sich jedenfalls um die in § 3 StBerG genannten Berufsangehörigen (insb. Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer).

Fazit: Tritt ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe im Namen seines Mandanten gegenüber dem Finanzamt auf, muss das Finanzamt von seiner ordnungsgemäßen Bevollmächtigung ausgehen. Das Finanzamt darf also grundsätzlich nicht die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht verlangen. Die Vermutung kann jedoch im Einzelfall entkräftet sein, etwa wenn der Berater in der Vergangenheit bereits Steuerpflichtige ohne deren Auftrag vertreten hat.

Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht

www.steueranwalt-leipzig.de

2 Kommentare

  1. Thomas Rösch

    Sehr geehrter Herr Deutschendorf,

    der praktische Fall der Mandatsübernahme von einem Kollegen führt beim FA wahrscheinlich dazu, dass ja eine Vollmacht des „Altberaters“ vorliegt. In diesem Fall dürfte das FA argumentieren, dass die Vollmacht der Klarheit halber vorzulegen ist.

    Mit freundlichen Grüßen, Thomas Rösch, StB

  2. RA Deutschendorf

    Sehr geehrter Herr Rösch,

    vielen Dank für Ihre Anmerkung. Mit „neues Mandat übernommen“ meinte ich nicht unbedingt die Übernahme vom Altberater, sondern allgemein die Beauftragung durch einen neuen Mandanten. Eine Vollmachtsvorlage „der Klarheit halber“ ist für das FA sicherlich wünschenswert, m. E. aber nicht vom AEAO gedeckt.

    Zugegeben: Mir ist es erst zweimal passiert, dass von mir eine Vollmacht angefordert wurde. Und das war zu Beginn meiner Anwaltstätigkeit.

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