Streit mit dem Finanzamt zahlt sich aus.
Der Fall
Meine Mandantin verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte. Danach war sie mehrere Jahre in diesem Beruf tätig. In den Jahren 2007 bis 2011 studierte meine Mandantin Betriebswirtschaftslehre. Während dieser Zeit hatte sie nur steuerfreie Einnahmen (BAföG). Für das Studium entstanden meiner Mandantin erhebliche Aufwendungen (Arbeitsmittel, Fachbücher, Semesterbeiträge, Kosten für Auslandssemester u. ä.). Für diese Aufwendungen („vorweggenommene Werbungskosten“) beantragte meine Mandantin im Jahr 2014 beim Finanzamt die Verlustfeststellung. Seit 2012 hat meine Mandantin einen gut bezahlten Job und kann die Verluste zur Senkung ihrer Steuerlast gut gebrauchen.
Finanzamt lehnt Antrag auf Verlustfeststellung ab
Postwendend lehnte das Finanzamt den Antrag für die Jahre 2007, 2008 und 2009 ab. Der Antrag zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sei innerhalb von vier Kalenderjahren zu stellen (Feststellungsfrist, §§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 1 AO). Die Feststellungsfristen endeten – so das Finanzamt – für 2007 am 31.12.2011, für 2008 am 31.12.2012 und für 2009 am 31.12.2013. Der Antrag auf Verlustfeststellung sei erst 2014 und damit nicht fristgerecht beim Finanzamt eingegangen. Der Antrag sei insoweit als rechtsunwirksam zurückzuweisen.
Einspruch
Gegen den Ablehnungsbescheid legte ich für meine Mandantin Einspruch ein. Den Einspruch begründete ich wie folgt:
Gemäß § 10d Abs. 4 EStG seien Verlustvorträge durch Feststellungsbescheid gesondert festzustellen. Für die gesonderte Feststellung des Verlustvortrags bestehe eine Steuererklärungspflicht, § 181 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 AO (s. auch BFH, Urt. v. 10.07.2008, IX R 90/07, BStBl II 2009, 816).
Das bedeute für die Feststellungsverjährung: Die Feststellungsfrist betrage zwar 4 Jahre (§§ 181 Abs. 1 S. 1, 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Diese Frist beginne jedoch gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Erklärung zur gesonderten (Verlust-)Feststellung abgegeben wird, spätestens aber – wenn (wie im Streitfall) keine Erklärung abgegeben wird – mit Ablauf des dritten Jahres, das auf das Feststellungsjahr bzw. den Feststellungszeitpunkt folgt (Anlaufhemmung; s. BFH, Urt. v. 10.07.2008, IX R 90/07, BStBl II 2009, 816).
Für den Feststellungszeitpunkt 31.12.2007 trete Feststellungsverjährung folglich erst mit Ablauf des 31.12.2014 ein, für den 31.12.2008 mit Ablauf des 31.12.2015 und für den 31.12.2009 mit Ablauf des 31.12.2016. Die Feststellungserklärungen meiner Mandantin seien am 07.04.2014 und damit innerhalb der Feststellungsfrist beim Finanzamt eingegangen. Der verbleibende Verlustvortrag zum 31.12.2007, zum 31.12.2008 und zum 31.12.2009 sei daher wie beantragt festzustellen.
Abhilfe und Ausblick
Gut 1 ½ Monate nach meinem Einspruch erließ das Finanzamt die beantragten Verlustfeststellungsbescheide. Dadurch erledigte sich das Einspruchsverfahren. Meine Mandantin erhielt für das Jahr 2012 durch die Verlustverrechnung eine hübsche Einkommensteuererstattung.
Die Kosten meiner Mandantin für meine Tätigkeit im Einspruchsverfahren werden demnächst im Wege der Amtshaftung beim Finanzamt geltend gemacht.
Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie stelle ich als Student genau einen Antrag auf gesonderte Verlustfestellung für die Jahre 2010 und 2011?
Muss ich eine ESt-Erklärung abgeben, oder stelle ich einen formlosen Antrag?
Für die Jahre 2012,13,14,15 könnte ich noch regulär die ESt-Erklärung abgeben.
Ich bin auf der Suche nach profesioneller Hilfe bei diesem Thema.
Vielen Dank
Sie können mir gern eine E-Mail (info@steueranwalt-leipzig.de) senden, ggf. kann ich Ihnen jemanden empfehlen. Ich selbst bin grundsätzlich nur noch auf den Gebieten Steuerstrafverteidigung und Selbstanzeigeberatung tätig.