Seit den ersten Ankäufen von Steuerdaten-CDs durch verschiedene Landesregierungen wird die Frage diskutiert, ob und inwieweit die dadurch gewonnenen Daten in einem Steuerstrafverfahren zulasten des Beschuldigten verwertet werden dürfen. Gewisse Klarheit herrscht zumindest für das Stadium des Ermittlungsverfahrens.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte bereits mit Beschluss vom 09. 11. 2010, 2 BvR 2101/09, entschieden, dass die Ermittlungsbehörden einen Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Steuerstraftat auf eine Steuerdaten-CD stützen dürfen. Dies selbst dann, wenn die Ermittlungsbehörden die CD rechtswidrig oder sogar auf strafbare Weise erlangt haben. Der Anfangsverdacht – § 152 Abs. 2 StPO spricht von „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten“ für eine Straftat – ermöglicht zunächst einmal die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens. Aber auch gravierende strafprozessuale Zwangsmaßnahmen können auf Basis eines (bloßen) Anfangsverdachts angeordnet werden, im BVerfG-Fall etwa eine Wohnungsdurchsuchung (§ 102 StPO).
Dem schloss sich jetzt auch der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 24.02.2014, VGH B 26/13, für einen ähnlichen Fall an. Nach dieser Entscheidung durften die Ermittlungsbehörden – gestützt auf Daten einer angekauften Steuerdaten-CD – eine Wohnungsdurchsuchung und die Beschlagnahme von Beweismitteln anordnen, die in der Wohnung gefundenen wurden.
Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist aber u. a. die Frage, welche „Mindest-Qualität“ die Daten haben müssen, um einen Anfangsverdacht zu begründen. Was, wenn etwa die Daten-CD nur den Namen des Betroffenen enthält und die Tatsache, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt ein Konto bei der XY-Bank in der Schweiz unterhalten hat, aber keine sonstigen Umstände (Kontostände, Kontobewegungen, Unterlagen zu Erträgen)? Liegen schon allein dadurch „zureichende tatsächliche Anhaltspunkten“ für eine Steuerstraftat vor? Oder müssen weitere Anhaltspunkte vorliegen, anhand derer z. B. auf nicht erklärte Zinseinnahmen geschlossen werden kann?
Jedenfalls darf nach einer Entscheidung des AG Nürnberg (Urt. v. 02.08.2012, 46 DS 513 Js 1382/11) eine strafrechtliche Verurteilung nicht allein darauf gestützt werden, dass die Daten-CD den Namen, die Kontoverbindung und (sogar) einzelne Kontostände enthält. Liegen keine weiteren Beweismittel vor, die auf nicht erklärte Zinserträge schließen lassen, ist der Angeklagte aus Mangel an Beweisen freizusprechen.
Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht